Auch am Volkstrauertag in diesem Jahr wurden auf den Friedhöfen der Gemeinde Feierstunden abgehalten.
Lesen Sie hier die Ansprache des stellvertretenden Bürgermeisters Udo Rosowski zum Volkstrauertag 2014.
In diesem Jahr, 2014, jähren sich zum 100. Mal und zum 75. Mal zwei Ereignisse deutscher Geschichte, deren Folgen dramatischer nicht sein konnten.
Der Beginn des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren wird als Urknall des Verderbens überhaupt angesehen.
Dennoch wurden seine Folgen von denen des 2. Weltkriegs ein Vierteljahrhundert später sogar noch übertroffen.
Natürlich sind nicht nur wir Deutsche von diesen Ereignissen immer noch erschüttert.
Natürlich betrifft dies auch die Völker in Europa, und darüber hinaus.
Und natürlich war auch der erste Weltkrieg nicht die erste Katastrophe, immer wieder hatte es vorher auch schon verheerende Kriege gegeben. Nur die Perfektion des Tötens und der Vernichtung war da noch nicht so groß gewesen.
Unsägliches Leid haben diese Kriege alle miteinander über alle Beteiligten ausgeschüttet.
So gedenken wir heute der Opfer von Gewalt und Krieg, Kindern, Frauen und Männer aller Völker.
Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren und körperliche und seelische Verletzungen davontrugen.
Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, einer anderen Religion angehörten oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen die Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.
Nach 1945 waren sich die Völker Europas zunehmend einig: Nie wieder sollte es Krieg geben und für uns galt: Schon gar nicht dürfe ein Krieg von deutschem Boden ausgehen!
Wir hofften und glaubten an eine friedlicher werdende Welt, in der Konflikte und Auseinandersetzungen ohne Waffen ausgetragen und gelöst werden konnten.
„Schwerter zu Pflugscharen“ und „Frieden schaffen mit weniger Waffen“ waren denn auch bekannte Schlagworte der Friedensbewegung.
Wir glaubten an eine Bundeswehr als Friedensarmee, die nur noch bei Hochwasser oder anderen Unglücken eingesetzt würde.
Es blieb eine unerfüllte Hoffnung. 1999 habe ich hier an dieser Stelle der auch wieder deutschen Opfer des Kriegs auf dem Balkan gedacht.
Seitdem gab es immer wieder Kampfeinsätze deutscher Soldaten – nicht nur in Afghanistan.
Wenn wir heute die Landkarte betrachten, sehen wir unzählige Gegenden, die von Unruhen, Bürgerkriegen und Kriegen überzogen sind und Hunderttausende sind aus Angst um ihr Leben auf der Flucht aus ihren Heimatländern.
Und wir werden auf die Nagelprobe gestellt: Helfen wir diesen Flüchtlingen?
Aber auch in der Heimat blieben wir nicht von dramatischen Ereignissen verschont. Wir denken zurück an die Olympischen Spiele in München, an die RAF, an Nagelbombenattentate und Kofferbomber oder den nationalsozialistischen Untergrund und aktuell an salafistische Umtriebe. An rassistische oder auch religiös verkleidete Gewalt.
Und wir müssen erkennen, dass Friedenswillen und Friedfertigkeit auch ausgenutzt werden kann. Wenn ich weiß, dass mein Nachbar Streit vermeiden will, kann ich doch den Zaun zu seinem Grundstück einreißen und mir einen Teil seines Gartens aneignen? Wer sagt dann Stopp? Was gibt es da zu verhandeln, wenn er einfach nur sein Eigentum zurück haben will?
Wir trauern daher auch um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer und religiöser Verfolgung.
Wir gedenken daher heute auch derer, die in diesem Jahr bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.
Wir trauern mit allen, die Leid tragen, um die Toten.
Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung. Der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt, trotz allem, dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt.
Lassen sie uns daran arbeiten.