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Ungerecht, unsozial, unsolidarisch, unausgewogen und unverantwortlich

Mit dem Nachtragshaushalt schlägt der Bürgermeister wegen der Corona-Pandemie die Senkung der Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuern A und B vor. Nach der Berechnung des Kämmerers bedeutet dies einen Steuerausfall von 815.000 € für das laufende Haushaltsjahr. Neben einer geringfügigen globalen Minderausgabe soll der Großteil dieser Summe in Höhe von 758.505 € aus der Ausgleichsrücklage entnommen werden und führt in dieser Höhe zu einem Haushaltsdefizit.

Wem mit dieser “Wohltat” geholfen werden soll, erschließt sich mit dieser pauschalen Steuerreduzierung jedoch überhaupt nicht.

Die Gewerbesteuer reduziert sich bei sinkendem Gewinn automatisch. Wird der Freibetrag unterschritten, fällt überhaupt keine Gewerbesteuer an. Wenn Betriebe also tatsächlich erhebliche Gewinneinbußen erleiden, zahlen sie auch entsprechend weniger Gewerbesteuern. Ein Problem können für Betriebe die Gewerbesteuervorauszahlungen sein, die auf Basis des Vorjahresgewinns berechnet werden. Hierdurch kann die Liquidität eingeschränkt werden, falls es wegen der Pandemie tatsächlich zu Gewinneinbrüchen kommen sollte. Hier kann den Unternehmen mit der Aussetzung dieser Vorauszahlungen geholfen werden. Es könnten sogar die bereits anteilig gezahlten Vorauszahlungen erstattet werden, um die Liquidität zu erhöhen.

Einkommensunabhängig werden die Grundsteuern A und B erhoben, weil sie sich nach dem Grundstückswert berechnen. Hier fehlt somit jede Bezugsgröße zu einer eventuellen Einkommenseinbuße. Welche land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und Eigenheimbesitzer aktuell durch die von der Landesregierung verordneten Einschränkungen tatsächlich betroffen sind, ist überhaupt nicht absehbar. Ein Eigenheimbesitzer würde bei einer durchschnittlichen Grundsteuer von 400 € etwa 40 € im Jahr sparen. Ein Mieter, der über die Nebenkostenumlage einen Teil der Grundsteuer trägt, wird noch sehr viel geringer entlastet, und dies frühestens über die Nebenkostenabrechnung im Folgejahr. Aber auch hier befinden sich nicht alle Mieter “wegen Corona” finanziell in einer Notlage.

Die Grund- und Gewerbesteuern wurden im letzten Jahr vor allem deswegen erhöht, weil sie als Maßstab für die Steuerkraft der Kommunen gelten und die Gemeinde weniger Zuwendungen erhält, wenn die Steuerhebesätze unter dem Landesdurchschnitt liegen. Wenn nun willkürlich die Hebesätze reduziert werden, führt das neben den oben angeführten Steuerausfällen auch zu geringeren Landeszuwendungen. Zusätzlich zu den Steuerausfällen in diesem Jahr bekommt die Gemeinde im nächsten Jahr also geringere Zuwendungen vom Land.

Laut Aussage des Kämmerers in der Ratssitzung vom 14. Mai ist zudem überhaupt nicht feststellbar, dass die Gewerbesteuern tatsächlich dramatisch einbrechen. Dies wäre bei den Lebensmittelketten, Drogeriemärkten, Chemieunternehmen und Co. auch überhaupt nicht nachvollziehbar.

Und das alles vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde große Aufgaben auf der Agenda stehen hat, angefangen bei den maroden Feuerwehrgerätehäusern, über dringende Verkehrsmaßnahmen bis hin zur Bädersituation.

Der leichtfertige Verzicht auf die für den Haushalt 2020 festgesetzten Steuern wäre daher für die Finanzausstattung der Gemeinde fatal. Zudem kann es nicht sein, dass neben Finanzhilfen des Bundes und des Landes nun auch noch die Kommune mit untunlichen Hilfspaketen in Konkurrenz zu anderen Institutionen tritt. Wenn der Bürgermeister die Erwartung ausspricht, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Ersparnis spenden würden zeigt das deutlich, dass er selbst davon ausgeht, dass die Steuersenkung nicht die trifft, um die es doch eigentlich gehen sollte.

„Ich und die SPD unterstützen jede Maßnahme, mit denen denjenigen geholfen werden kann, die sich tatsächlich in einer Notlage befinden. Im privaten Bereich sind das vor allem Eltern und hier besonders die Mütter, deren Kinder nun seit Wochen weder den Kindergarten noch die Schule besuchen oder Sport etc. machen können. Wenn hier noch die Lohnfortzahlung weg fällt, ist dies zusätzlich zu der schwierigen Betreuungssituation eine wirklich schwere Einbuße, die aber durch die geplante Grundsteuersenkung de facto auch nicht annähernd aufgefangen werden kann. Von den Eltern müssen auch weiterhin Beiträge für die Betreute Grundschule gezahlt werden, obwohl die Betreuung seit nun zwei Monaten nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Hier könnte die Gemeinde helfend einspringen.“

Udo Rosowski


Der Vorschlag der Verwaltung ist Symbolpolitik und ein pauschales Steuergeschenk in einem Wahljahr, das die wirklich Notleidenden und Betroffenen, wie z.B. die Gastronomie und kleine Gewerbetreibende, nicht erreicht und die Gemeinde vor finanzielle Probleme stellt sowie alle Bürgerinnen und Bürger letztlich teuer zu stehen kommt. Für kreative und zielgerichtete Maßnahmen ist die SPD immer gesprächsbereit, eine Verteilung mit der Gießkanne wird kategorisch abgelehnt.